«Wir wollen noch mehr Lebensmittel retten»

    Foodwaste ist in aller Munde: Aufgerüttelt durch die schockierende Tatsache, dass 1/3 aller Schweizer Lebensmittel im Abfall landen, zeigen sich Konsumentinnen und Konsumenten sowie Produzenten vermehrt besorgt um die aktuelle Lebensmittelverschwendung. Hier setzt Äss-Bar an: In Zusammenarbeit mit verschiedenen Bäckereien werden in speziellen Verkaufsstellen Backwaren und Patisserie vom Vortag zu einem stark vergünstigten Preis verkauft. Dieser aktive Beitrag zur Bekämpfung von Food Waste ist auf Erfolgskurs, weshalb die Filiale in Zürich an ihre Kapazitäten stösst und nun neue Räumlichkeiten sucht. 

    Zu krumm, zu klein, zu hässlich: Die Gründe für das Wegwerfen von Lebensmitteln sind unzählig, sinnvoll sind sie oft nicht. Beispielsweise werden von 100 geernteten Kartoffeln nur 34 tatsächlich gegessen. 66 Kartoffeln werden aussortiert, obwohl sie geniessbar wären. Foodwaste ist eine unnötige Verschwendung von Ressourcen, Energie und Geld. Und auch finanziell ist Foodwaste eine Verschwendung: Im Schnitt wirft gemäss dem Bundesamt für Umwelt BAFU jeder Schweizer Haushalt pro Jahr Lebensmittel im Wert von über 600 Franken einfach weg. 2,8 Millionen Tonnen Lebensmittelverluste fallen in der Schweiz pro Jahr an. Das entspricht 330 Kilogramm pro Person und Jahr oder etwa einem Viertel der Treibhausgase, die wir durch unsere Ernährung verursachen. Dazu Nadja Zehnbauer, Marketingchefin der Äss-Bar: «Die Überproduktion hat ein Ausmass angenommen, welche nicht mehr vertretbar ist. Wir als Äss-Bar versuchen mit unseren Unternehmungen einen kleinen Beitrag zur Vermeidung von Foodwaste beizusteuern, in dem wir Brot und Backwaren «frisch von gestern» verkaufen und somit ca. 700 Tonnen Lebensmittel retten können.»

    Die Äss-Bar wurde 2013 von vier Freunden gegründet. «Vorreiter eines solchen Konzeptes gab es bereits in Deutschland und Frankreich. Die erste Filiale entstand im Niederdorf in Zürich», so Zehnbauer. Auf Grund der guten Resonanz kamen weitere Filialen in der Deutschschweiz und der Romandie hinzu – mit Erfolg. Mittlerweile sind es 11 Filialen. Die Backwaren stammen von Partnerbäckereien aus dem Umkreis der jeweiligen Filiale. «Das Besondere bei unserem Konzept ist, dass es nicht DEN einen Abnehmer gibt. Die Zielgruppe ist bunt gemischt, von alt, jung, arm und reich. Wir sehen Banker in Anzügen zu uns kommen, Studenten, Schüler aber auch Menschen mit augenscheinlich weniger Geld», stellt Zehnbauer fest. «Grob lässt sich sicherlich unterteilen, es gibt die Einen, die den finanziellen Aspekt schätzen und die Anderen, die das Thema Foodwaste verinnerlicht haben.

    (Bild: zVg) Brot und Backwaren «frisch von gestern»: In Zürich werden neue Räumlichkeiten gesucht.

    Äss-Bar Zürich sucht neuen Standort
    Gemäss Zehnbauer wird die Bevölkerung bezüglich dem Thema Foodwaste immer sensibilisierter. Die Filiale in Zürich stösst daher an ihre Kapazitätsgrenze. «Unsere Filiale in Zürich war der erste Standort, den wir 2013 eröffnet haben. Dieser ist mittlerweile sehr etabliert und wir erfreuen uns an der guten Resonanz. Wir haben viele gute Partner in Zürich, weshalb das Angebot an Brot und Backwaren vom Vortrag auch entsprechend hoch ist», sagt Zehnbauer. Deshalb können an einem einzigen Standort nicht all diese Waren wiederverkauft werden, weshalb die Äss-Bar auf Standortsuche ist. «Gerne würden wir auch den Bereich des Apéro und Lieferdienstes aus-bauen. Aber auch hier stossen wir mit dem kleinen Laden im Niederdorf schnell an die Grenzen», betont Zehnbauer. Deshalb soll in absehbarer Zeit in Zürich eine weitere Filiale der Äss-Bar eröffnet werden: «Unser Ziel wäre es im nächsten Jahr einen weiteren Laden in der Zürcher Innenstadt zu realisieren. Dafür suchen wir eine Verkaufsfläche von ca. 100 m² mit Schaufensterfront in gut frequentierter Passantenlage.» Passende Räumlichkeiten wurden bis jetzt noch nicht gefunden. «Zurzeit suchen wir auf Immobilienportalen oder via Mund-zu-Mund-Propaganda. Doch wir sind für jeden Hinweis hinsichtlich einer nutzbaren Immobilie dankbar», sagt Zehnbauer. Allerdings ist gemäss Zehnbauer nicht geplant noch weitere Filialen zu eröffnen. «Für einen Standort benötigen wir eine gewisse Passantenfrequenz und somit eine gewisse Grösse der Städte. Mit Bern, Basel, Zürich, St.Gallen und der Romandie haben wir diese Standorte abgedeckt». Doch Zehnbauer erachtet das Potenzial des «Lebensmittels-Recyclings» als sehr hoch. «Mit dem Ausbau eines Lieferservices, sowie eines Cateringbereiches versuchen wir, weitere Distributionskanäle zu schaffen und weitere Lebensmittel zu retten. Auch sollen weitere Food Trucks (wie an der ETH) zum Einsatz kommen. Damit können dann auch Veranstaltungen/Events etc. abgedeckt werden.».

    Corinne Remund

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